Liebe Freunde,
es geht uns ja allen momentan irgendwie gleich, man erkennt
plötzlich Dinge, die einem vorher nie im Leben aufgefallen wären. Ich erkenne
zum Beispiel den Unterschied zwischen verschiedenen Desinfektionsgels. Das
erste Fläschchen, das ich ständig bei mir trug war total erfrischend, richtig
fein war das. Sobald ich dieses furzähnliche Geräusch hörte, welches den
Gelerguss in meine Hand begleitete, spürte ich schon diese angenehme Kühle, die
sich dann verstärkte wenn man sich die Hände rieb. Ich hab mich sogar dabei
ertappt, dass ich mir bei zu viel Gelauftrag das Gel zur Erfrischung und
Linderung meines Sonnenbrands ins Gesicht schmierte. Jetzt ist alles anders.
Ich habe ein neues Gelfläschchen und mag das gar nicht. Es furzt nicht, sondern
macht ein komisches Gurgelgeräusch, es ist nicht erfrischend und kühl und vor
allem pickt es. Sicher eine halbe Minute lang kleben einem die Finger
aufeinander und wenn man es oft hinter einander verwendet, dann hat man
plötzlich so radiergummirestähnliche Rubbelknödel in der Hand, so wir mir das
gestern Nacht passierte, wenn man sich dauernd einschmiert, da man Carabinieri,
Notärzte und einen Toten in der Wohnung hat.
Ein Mieter in einer WG meiner Schwiegermutter starb und ich
führte zum ersten Mal meine neuen Turnschuhe aus. Mit einem überschwänglichen
‚Endlich’ - als würden wir Brot nach einer Hungernot bringen - begrüßte uns in
der Wohnung der halbdicke Carabiniere, der jedoch gleich auf ‚sofort’ in einen
Dauer-subito-subito-subito-Gesang wechselte, da er fälschlicherweise annahm wir
hätten jetzt eine Ausweiskopie des Toten mitgebracht. Die Notärzte und das
Rettungsteam stimmten in den Gesang ein, sie bräuchten den Ausweis, sie
bräuchten den Ausweis, sie bräuchten den Ausweis, sonst wissen sie ja nicht,
auf wen sie den Totenschein ausstellen sollen. Der Carabiniere immer weiter
‚Subito, subito, subito, wir brauchen eine Ausweiskopie, bringen sie die’.
Meine Schwiegermutter dazu ‚Der Vertrag mit der Kopie liegt im Büro, ich muss
die Sekretärin fragen’, ‚subito, subito, subito’, der Carabiniere. ‚Wie sollen
wir den Totenschein ohne Ausweis ausstellen?’, die Notärzte, ‚Da muss ich die
Sekretärin fragen’, meine Schwiegermutter, ‚Subito, subito’ der Carabiniere,
der dann plötzlich umschwenkte, den Sicherheitsabstand von einem Meter nicht
mehr einhielt, meine Schwiegermutter zur Seite zog und überlegen meinte, er
wisse schon, warum sie den Vertrag mit der Ausweiskopie nicht holen will, weil
sie das Zimmer sicher schwarz vermieten würde. Eine Frechheit, meinte meine
Schwiegermutter und wollte gerade loslegen, da schritt ich ein und sagte mit
einem Tonfall, wie ihn in italienischen Kriegsfilmen die Nazis haben: ‚Wenn der
Tote hier wohnt, wird er wohl in seinem Zimmer einen Ausweis haben. Sie gehen
jetzt in das Zimmer und suchen den Ausweis, parallel kontaktieren wir die
Sekretärin, um den Ablageort des Vertrags zu eruieren und falls Sie keinen
Ausweis finden, können wir den Vertrag mit Ausweiskopie hohlen. Also, gehen sie
jetzt in das Zimmer und suchen sie den Ausweis.’ Ich wurde dabei immer lauter
und hätte beinah ‚Heil’ geschrien, ich erinnerte mich an meine Statistenrolle
als Nazi in einem italienischen Kriegsfilm, ein total brutaler Film, da hatten
wir die italienischen Gefangenen einfach erschossen. Der Carabiniere schnaufte
tief und lief ins Zimmer zu dem Toten, ich rieb mir ein bisschen Gel in die
Hände und meine Schwiegermutter rief die Sekretärin an.
Der Tote hatte seinen Ausweis wohl sehr gut versteckt und um
die Wartezeit zu überbrücken und die Situation etwas zu entspannen erzählte ich
meiner Schwiegermutter einen Carabinieri-Witz. Die sind in Italien so beliebt
wie bei uns die Burgenländerwitze. Mir fiel einer ein, den Berlusconi als
Premier anlässlich der offiziellen staatlichen 150-Jahr-Feier der Carabinieri
am Ende seine Rede vortrug. Er meinte, wenn er schon in einem Raum mit so
vielen Carabinieri wäre, dann müsste er einfach einen Carabinieri-Witz erzählen,
und der ging so:
Findet ein Carabiniere einen Pinguin und bringt ihn ins
Kommissariat. Sagt der Kommandant ‚Was machst Du denn mit dem Pinguin hier,
bring in ihn den Zoo’. Der Carabiniere verschwindet und später am Tag trifft
ihn der Kommandant mit dem Pinguin in einem Cafe. Sagt der Kommandant ‚Was
machst Du denn mit dem Pinguin hier, du solltest ihn doch zum Zoo bringen.’ ‚Da
waren wir auch’, der Carabiniere, ‚dann sind wir ins Kino und jetzt essen wir
ein Eis’.
Hier übrigens im Original:
Mit einem überglücklichen langen ‚Aaaaaaaaaahhhhhh’ als
hätte er den Lottojackpot, kam der Carabiniere aus dem Totenzimmer gelaufen,
knallte mit einer Siegesgeste den Ausweis des Toten auf den Tisch und wir
konnten wieder gehen.
Jürgen Weishäupl
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